Der Halsbandsittich oder Kleine Alexandersittich kann verschiedene Schäden an Bauten und Pflanzen verursachen.
Schönheit oder Schädling?
Kommunen möchten Halsbandsittich vertreiben
Hübsch sieht das aus: Tausende von leuchtend grün gefiederten Papageien bevölkern die Rheinebene und fühlen sich im milden Klima der Städte und Gemeinden sichtlich wohl. Dass die subtropischen Vögel für Ärger sorgen, wird erst auf den zweiten Blick klar.
Intensiv denken Städte und Gemeinden darüber nach, Halsbandsittiche zu vertreiben. Die grünen Papageien zu bekämpfen, scheint über kurz oder lang unvermeidlich.
Waren Sie in letzter Zeit mal in Wiesbaden, Heidelberg oder Stuttgart? Haben Sie am Mainzer Hauptbahnhof oder in den Düsseldorfer Rheinauen in den Himmel geblickt und sich verwundert die Augen gerieben?
Tatsächlich: Es handelt sich um Papageien. Um Halsbandsittiche, genau gesagt. In dekorativen Gruppen sitzen sie in den städtischen Bäumen, auf den Straßenlaternen und Dächern und machen durch ihr typisches Kreischen auf sich aufmerksam. Sicherlich haben Sie den ungewöhnlichen Anblick genossen. Und sich als Nächstes die Frage gestellt, wo die vielen wildlebenden Sittiche eigentlich herkommen.
Anpassungsfähige Neubürger
Die Papageienvögel (lateinische Bezeichnung: Psittacula krameri) gehören zur Gattung der Edelsittiche und sind auch unter den Bezeichnungen "Kleiner Alexandersittich" und "Afrikanischer Halsbandsittich" bekannt. Sie stammen aus Afrika. Unterarten sind in den Subtropen (u.a. Pakistan, Indien und Sri Lanka) beheimatet. Die attraktiven Anpassungskünstler sind weltweit stark verbreitet. 2018 wurde die Halsbandsittich-Population in Europa auf rund 100 000 Stück beziffert.
Die Schattierungen ihres Federkleides von Gelb- bis Smaragdgrün und der leuchtend rote Schnabel machen die bis zu 40 cm große Papageienart zum Hingucker. Die ringförmige, dunkle Zeichnung im Halsbereich der männlichen Halsbandsittiche erinnert an ein schmuckes Halsband und gab den Vögeln ihren Namen.
Seit Ende der 1960er Jahre sind sie, ursprünglich vorgesehen als begehrte Volierenvögel, auch nördlich der warmen Mittelmeerländer zu finden. Halsbandsittiche sind Neozoen: Neubürger.
Als "
Neozoen" bezeichnet man Tierarten, die - ob mit oder ohne Absicht - in bislang artfremde Gebiete verbracht wurden und dort heimisch werden konnten. Das bekannteste Beispiel für ein Neozoen dürfte der Waschbär sein. Durch seine enorme Verbreitung ist der Allesfresser in fast allen Bundesländern ganzjährig jagdbar. Noch ein Beispiel? Bitte: der Ochsenfrosch. Heimischen Amphibien droht der aus Nordamerika eingewanderte Riese durch seine schiere Fresslust den Garaus zu machen.
Halsbandsittich Steckbrief
Dem Käfig entkommen
Die Karriere der Halsbandsittiche in Europa begann als Käfigvogel. Bei den ersten freilebenden Halsbandsittichen handelte es sich möglicherweise um entflogene Exemplare aus privater Haltung. Die hübschen Exoten haben eine recht hohe Lebenserwartung (20 Jahre und mehr) und bebrüten jährlich Gelege mit zwei bis fünf Eiern. Das Fehlen natürlicher Feinde begünstigt die Ausbreitung.
Eine Bejagung der Vögel wird bislang in Deutschland abgelehnt. Zunehmender Unmut macht es jedoch allmählich notwendig, die Verbreitung des Halsbandsittichs begrenzen.
Die geografischen Vorlieben der Tiere sorgen für ihr regional begrenztes Vorkommen: Größere Waldgebiete und unwirtliche Gegenden scheinen sie bislang zu meiden. Wahrscheinlich werden Sie den Halsbandsittich deshalb auch weiterhin vor allem entlang des Rheins sowie im Mikroklima der großen europäischen Städte zu Gesicht bekommen. Die besten Chancen hätten Sie dazu in London: über 30 000 Exemplare leben dort. Das Füttern der Vögel wird in England übrigens bestraft!
Dekorativ oder schädlich?
Halsbandsittiche lieben den lockeren Baumbestand unserer Parks, Friedhöfe und Gärten. Doch leider nistet der grüne Vogel nicht nur in den typischen Stadtbäumen - Platanen, Eschen und Eichen -, sondern bevorzugt häufig die isolierten Fassaden moderner Gebäude. Zum Bedauern der Hausbesitzer richtet der Höhlenbrüter dort durch das Anlegen von Hohlräumen beträchtlichen Schaden an.
Die zu tausenden in Deutschland lebenden Papageien sind ein tolles Fotomotiv und für Vogelkundler eine stete Quelle des Interesses. Haben Sie sich nicht auch sofort die Frage gestellt, wie diese südlichen Schönheiten den hiesigen Winter überstehen? Dabei sind Temperaturen bis knapp über dem Gefrierpunkt für gesunde Tiere durchaus erträglich. Sie gleichen den erhöhten Energiebedarf durch fettreiches Futter aus, das in den dicht besiedelten Gebieten leicht zu finden ist. Denken Sie zum Beispiel an Futterstellen für heimische Vögel!
Leider sind Papageien wahrlich keine Amseln - statt lieblich zu singen, machen die bunten Vögel Krach. Lärmbelästigung durch die Sittichschwärme ist ein weiterer Grund dafür, dass die Kommunen beschlossen haben, grüne Papageien zu bekämpfen.
Sollten diesem Entschluss Taten folgen, dürfte das Geschrei allerdings nicht im Vordergrund stehen. Die großen Mengen Vogelkot unter den Schlafbäumen schaffen insbesondere im städtischen Umfeld weitere Probleme. Die Übertragbarkeit vogeltypischer Krankheiten - etwa die glücklicherweise eher seltene Papageienkrankheit - ist nicht gänzlich auszuschließen. Auch Vogelgrippe wird durch im Kot enthaltene Bakterien übertragen. Beide Erkrankungen könnten bei Ihnen grippeähnliche Symptome hervorrufen. Vogelkot kann Sie aber auch mit Salmonellen, bakteriellen Infektionen und Pilzen in Kontakt bringen.
Zu den Schäden durch Halsbandsittiche gehören:
- Fassadenverschmutzung durch Kot und herabgefallenes Nistmaterial
- Fassadenschäden durch Bruthöhlen unter dem Dach und unter Traufen und Rinnen
- Korrosion von Metallteilen an Gebäuden durch Kot
- Schädigung von Fahrzeuglack unter Aufenthaltsbäumen
- Lärmbelästigung
- Gesundheitsrisiken durch Schädlinge und Parasiten der Vögel
- Pflanzenschäden durch massiven Einfall vieler Tiere gleichzeitig
Halsbandsittiche legen Nistplätze gern im Außenbereich von Gebäuden an.
Bruthöhle von Halsbandsittichen in einer Gebäudedämmung
Den Halsbandsittich vertreiben?
Bedauerlicherweise gibt es neben dem exotischen Touch nicht allzu viele Vorzüge, mit denen der Halsbandsittich punkten könnte. Auf dem Speiseplan der geselligen Krachmacher stehen neben Nüssen, Rinde und Früchten leider auch Knospen und Saaten. Dies führt bei den üblicherweise ertragreichen Rheinanliegern zu Ernteschäden im Obstanbau. Am Mittelrhein ist der ortstypische Weinbau betroffen.
In geringerem Maße ernähren sich die Vögel auch von kleinen Insekten. In Anbetracht ihrer unkontrollierten Ausbreitung könnte das Ernährungsverhalten der edlen Sittiche möglicherweise zu einer Nahrungskonkurrenz mit heimischen Vogelarten führen.
Deutliche Hinweise, dass der Halsbandsittich heimische Arten bedroht oder für Sie als Menschen gefährlich werden könnte, gibt es derzeit nicht. Mittlerweile treten erste Fressfeinde auf den Plan: Greifvögel (z.B. Habichte und Wanderfalke) und Nesträuber nehmen sich der grünen Exoten an. Bis sich unser Ökosystem allerdings auf die in Massen auftretenden "fliegenden Juwelen" eingestellt hat, werden wohl noch einige Jahre vergehen.
Unterdessen stehen die schönen Sittiche mit den leuchtenden Federn noch nicht auf der sogenannten Schwarzen Liste. Auf seiner "Grauen Liste" hat das Bundesamt für Naturschutz sie aber bereits platziert. Die potenziell invasive Art wird sorgfältig beobachtet, um rechtzeitig geeignete Schritte im Sinne des Naturschutzes zu ergreifen.
Zusammenfassung
Seit annähernd 50 Jahren verschönern exotisch anmutende, ehemalige Käfigpapageien die Stadtbilder an Rhein und Neckar. Leider bereitet die große Menge der Vögel mittlerweile beträchtlichen Kummer. Letztendlich wird die beständige Vermehrung zu Maßnahmen führen, die geeignet sind, den Halsbandsittich zu vertreiben.